Duale Berufsausbildung unter Druck und ein sich selbst verstärkender Fachkräftemangel



Das duale Berufsausbildungssystem, welches in dieser Form in den 1920er Jahren entwickelt wurde und vom Grundsatz her seitdem unverändert existiert, steht durch unterschiedliche Faktoren unter Druck. Ich habe ein kleines Interview mit der Grok 3 KI geführt. Wie immer bei KI, gab es deutliche Nacharbeit. Zumindest lieferte Grok einige „Gedanken“ und Hinweise, die nicht immer in der Debatte berücksichtigt werden. Allerdings möchte ich auch sagen, dass mit der KI Bildungsfragen nicht in Breite diskutierbar sind, da die Antworten eben auch nur auf rationalen Ebenen und auf Basis vorhandener Daten stattfinden und emotionalen Merkmale nicht berücksichtigt werden (Mehr zu KI und deren Eigenschaften).
Also, die duale Berufsbildung muss mit vielfältigen Aspekten umgehen. Darunter fallen beispielsweise technologische Veränderungen in Produktion und Entwicklung (Fachinhalt), technologische Veränderungen der Lehr- und Lernsysteme (Didaktik), politische Reaktions- und Funktionsmuster (Bildungspolitik) und Veränderungen, die zur Herstellung von Gleichwertigkeit mit akademischer Bildung führen. Zudem geht es um allgemeine gesellschaftliche Veränderungen und Haltungen (Schichtauflösung/Zementierung), die globalen wirtschaftlichen Veränderungen (Internationale Anforderungen) und Veränderungen von Berufsorientierungssystematiken für das System und den Einzelnen.
Auch ohne die neuesten Herausforderungen, die die amerikanische Wirtschaftspolitik (wie auch die von anderen) verursachen, finden sich hier einige relevante Druckpunkte, die auf die duale Berufsbildung wirken:
Demografischer Wandel
Die alternde Bevölkerung und der Rückgang der Geburtenrate führen zu einem Mangel an jungen Menschen, die in die Ausbildung eintreten.
Bewertung: Weniger Auszubildende bedeuten eine geringere Nachwuchsquote für Fachkräfte, was langfristig die Wirtschaft schwächt.
Digitalisierung und technologischer Wandel.
Neue Technologien verändern Berufsbilder rasant, und Ausbildungsinhalte müssen angepasst werden.
Viele Betriebe und Berufsschulen hinken jedoch hinterher.
Bewertung: Ohne schnelle Anpassung verliert das System an Relevanz, allerdings bietet die Digitalisierung auch Chancen für modernere Ausbildungsmethoden. Hier ist ein Knackpunkt, der zum Beispiel durch die Zuständigen Stellen erkannt und benannt wird, aber im Kern nicht radikal angegangen wird. Die Sorge vor einer Entwertung des dualen Ausbildungssystems ist riesengroß. Radikale Veränderungen in diesem Punkt sind notwendig, da wir im Moment die Integration radikal verändernder KI-Methoden und Systeme erleben. Die Realitäten verändern sich rascher, als die Systeme zu Veränderungen in der Lage sind.
Arbeits- und Fachkräftemangel
Unternehmen haben Schwierigkeiten, Ausbildungsplätze zu besetzen, besonders in Branchen wie Handwerk oder Pflege. Gleichzeitig steigt der Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften.
Bewertung: Der Mangel verschärft sich selbst, da unbesetzte Plätze die Attraktivität der dualen Ausbildung mindern könnten. Hier lässt sich ein Teufelskreis nach Schulz von Thun erstellen (der kommt in einem weiteren Beitrag). Es ist allerdings eher eine Spirale die sich nicht nur vergrößert, sondern deren Fortgang sich auch beschleunigt. Die Bearbeitung dieses Punkts hat Auswrikungen auf die ganzen Maßnahmen zur Steigerung des Images dualer Berufsausbildung.
Akademisierungstrend
Immer mehr junge Menschen streben ein Studium anstatt einer Ausbildung, oft aufgrund des gesellschaftlichen Drucks oder der Wahrnehmung, dass ein Abschluss „höherwertig“ sei.
Bewertung: Es ist zwar richtig, dass im Einzelnen im Moment mehr Ausbildungsplätze als Studienplätze besetzt wurden, aber der Punkt bleibt. Die Nachfrage nach Studiengängen untergräbt das duale System, da es den Zustrom in die Berufsausbildung verringert und den Fokus von praxisnahen Qualifikationen wegverlagert. Das ist Folge einer gesellschaftlichen Haltung und im Kern so alt, wie die systemische Berufsausbildung.
Bürokratie und Kosten für Betriebe
Kleine und mittelständische Unternehmen klagen über hohe Ausbildungskosten und bürokratische Hürden, was sie davon abhält, auszubilden.
Bewertung: Das schreckt potenzielle Ausbildungsbetriebe ab und reduziert die Anzahl verfügbarer Plätze. Das wäre die simple Bewertung, die der Realität nicht gerecht wird. Der Punkt, dass Auszubildende beispielsweise zu Beginn der Ausbildung 1 Jahr weg sein können (Überbetriebliche Ausbildung) reduziert die Bindungen an den Betrieb. Auch die schwindenden Berufsschulplätze der Berufsrichtungen sowie deren zentralisierung an weit entferntem Ort (mit Internat) führt zu Schwierigkeiten, die sich unter anderem auch wieder auf die Attraktivität für die jungen Leute auswirken. Beides hat mit Kosten und Bürokratie nichts zu tun.
Integration von Geflüchteten und Migranten
Zugewanderte könnten den Nachwuchsmangel abfedern, doch Sprachbarrieren, Anerkennung von Qualifikationen und kulturelle Unterschiede erschweren ihre Integration in das System.
Bewertung: Es ist eine Chance, aber die aktuellen Hürden machen es zu einer Belastung, solange die Rahmenbedingungen nicht verbessert werden. Hier vergaß Grok 3 die Bürokratie. Zuwanderung erwünscht, aber eben nicht erwünscht. Ganz überspitzt gesagt: Zuwanderung der „Richtigen“ erwünscht. Zuwanderung der „Nicht Richtigen“ nicht erwünscht. Zudem ist eine Einreise zum Zwecke der Arbeitsaufnahme nicht so einfach, wie es die verantwortlichen Stellen vorgeben. Im Weiteren gibt es viele Potentiale von Menschen mit Migrationshintergrund, die Hürden auf dem Weg in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt nicht überwinden können.
Pandemie-Nachwirkungen
Die Corona-Pandemie hat die praktische Ausbildung (z. B. durch Betriebsschließungen) erschwert und die Digitalisierung der Berufsschulen unzureichend offengelegt.
Bewertung: Langfristige Schäden wie Lernlücken oder geringere Ausbildungsqualität sind spürbar. Das stimmt, wenngleich die Druckpunkte bei Digitalisierung weniger in der Nutzung der Technologien liegt als in der Erlaubnis, diese zu Nutzen.
Fazit
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die negativsten Eckpunkte der demografische Wandel, der Akademisierungstrend, der Fachkräftemangel und die damit verbundenen Maßnahmen und Aktivitäten, die mit hohen Kosten für Betriebe einhergehen. Sie gefährden die Grundpfeiler des Systems – die Verfügbarkeit von Auszubildenden und Ausbildungsbetrieben. Andere Punkte wie Digitalisierung oder Migration bieten Potenzial, werden aber durch unzureichende Anpassungen derzeit eher zu Belastungen. So werden vorhandene Potentiale von Menschen mit Migrationshintergrund nur wenig genutzt, wenngleich Zuwanderung gefordert wird. Aus welchem Grund Deutschland für Zuwanderung zu Ausbildung und Arbeit attraktiv sein sollte, ist ein zweischneidiges Schwert. Meine persönliche Meinung ist, dass in Deutschland eher keine Willkommenshaltung gegeben ist.
Ergänzung mit Blick auf einen selbstverstärkenden Teufelskreis. Ein sehr interessanter Aspekt. Der Fachkräftemangel blockiert das duale Berufsbildungssystem, weil zu wenig junge Leute nachkommen. Das schwächt die Wirtschaft und das Ansehen der Ausbildung.
Was ist das Problem, Grok 3?
Viele Unternehmen finden keinen Nachwuch für ihre Ausbildungsplätze. Besonders im Handwerk oder in der Pflege bleiben Stellen leer. Gleichzeitig brauchen wir dringend mehr Fachkräfte, weil die Wirtschaft diese fordert und ältere Mitarbeiter in Rente gehen.
Warum ist das negativ?
Weniger Auszubildende: Wenn Plätze unbesetzt bleiben, bilden Firmen weniger Nachwuchs aus. Das führt langfristig zu noch weniger Fachkräften.
Sinkende Attraktivität: Jugendliche denken vielleicht, dass Berufe mit wenig Nachwuchs „uncool“ oder schlecht bezahlt sind, und wählen sie seltener.
Teufelskreis: Weniger Fachkräfte = weniger Kapazität in Betrieben, um auszubilden = noch weniger Fachkräfte in der Zukunft.
Imageproblem: Viele junge Leute wollen lieber studieren, weil das „besser“ oder „erfolgreicher“ wirkt. Ausbildung wird oft unterschätzt. Hierzu trägt die Erwachsenen-Gesellschaft maßgeblich bei.
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