Viele Ausbildungsplätze können nicht besetzt werden…eine Mär?

Viele Ausbildungsplätze können nicht besetzt werden…eine Mär?<br><img class="text-align: justify" src="https://bildungswissenschaftler.de/wp-content/uploads/2013/07/praxis_120.png"/><img class="text-align: justify" src="https://bildungswissenschaftler.de/wp-content/uploads/2013/07/theorie_120.png"/>

Im Rahmen dieses Beitrages möchte ich nicht auf die verschiedenen Erklärungsversuche der Akteure eingehen. So sagen ja z.B. die Betriebe, es gibt nicht genug geeignete Bewerber, während die Gewerkschaften ausrechnen, es gäbe überhaupt nicht genug Ausbildungsplätze für die Bewerber. Das Verhältnis wird in etwa mit 1 Ausbildungsplatz auf 3 Nachfrager angegeben. Diese Vermutungen haben alle ihre Berechnungsgrundlage, die sich in einigen Artikeln in diesem Blog wieder finden oder bei den direkten Veröffentlichungen der Arbeitgeber bzw.- Arbeitnehmervertretungen nachgelesen werden können. Die Fragen, die daraus resultieren sind komplex.

So ist die Frage zu stellen, was denn wäre, wenn es 3-mal mehr Ausbildungsplätze gäbe, wenn nicht mal die vorhandenen besetzt werden können. Oder die nächste Tabufrage: Wenn unser Berufsbildungssystem auf Dauer nicht mehr in der Lage ist, ausreichend Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen, welchen Sinn macht dann noch die konsequente und immer zu erreichende Anwendung des dualen Berufsausbildungssystems. Es kann seine Aufgabe nicht mehr leisten. Bereits jetzt liegt das Eintrittsalter in Erstausbildung bei 19,7 Jahren. Dies sind dann aber Fragen, die noch tiefer gehen und an anderer Stelle in diesem Blog bearbeitet werden müssen.

Den Punkt den ich hier anspreche, steht wieder im Bezug mit der großen Zahl an „Ausbildungsvermittlern“. Eine Frage kann sein: Wo kommen diese ganzen Ausbildungsstellen her, die nicht besetzt werden können? Und wenn man sich das so anschaut, dann könnte man zu einem ganz banalen Schluss kommen. Es gibt die Ausbildungsplätze gar nicht, sondern „nur auf den ersten Blick“. Damit meine ich nicht, dass es auch bei Betrieben einen gravierenden Unterschied zwischen dem Wollen und dem tatsächlichen Tun gibt. Nein, es kann zu einem großen Teil daran liegen, dass die gleichen Ausbildungsplätze an mehreren Stellen gleichzeitig auftauchen. Also mehrfach. Jeder der sich mit dem Thema beschäftigt kennt den Vorgang. Viele der o.g. Beteiligten führen Bestandsaufnahmen durch. Oder Bedarfsabfragen. So rufen viele bei einem Betrieb an ob er noch ausbilden möchte. Und jedes Mal sagt der Betriebsinhaber „ja“. Der Anrufer reibt sich die Hände. Zack – wieder einer. Und in Folge wird eine kurze Stellenausschreibung oder Ausbildungsplatzbeschreibung erstellt. „Die ist ja nur fürs Haus, damit auch die Kollegen wissen, wie viele Plätze wir akquiriert haben“. Also alles ganz normal.

Natürlich wissen die Mitarbeiter auch, dass andere ebenso den Betrieb angerufen haben und die gleiche Antwort bekommen haben. So ist das halt. Aber stellen wir uns jetzt einmal als Beispiel vor, was vorkommen kann, wenn mehrere Ausbildungsvermittler auf diesem Wege die Stellen einholen. Natürlich veröffentlichen nicht alle Vermittler die akquirierten Ausbildungsplätze. Aber nehmen wir nur ein paar wie z.B. die Handwerkskammer, die Industrie- und Handelskammer, die Agentur für Arbeit, die ARGE, Radio XY, WDR Lehrstellenbörse, Berufsorientierungsprojekte. Es erscheinen in Folge in der Öffentlichkeit viele ausgeschriebene Ausbildungsplätze und da in aller Regel die Vermittler in einer Konkurrenz stehen (jeder muss seine Zielvorgaben erfüllen), werden die Betriebe anonymisiert. Es ist also nicht zu erfassen, ob der gleiche Betrieb mit einem Ausbildungsplatz mehrfach in der Öffentlichkeit auftaucht. Reduzieren wir das Beispiel noch einmal. Ein Ausbildungsplatz wird durch verschiedene Stellen dreimal ausgeschrieben. Und dies passiert ungefähr 100-mal (das ist eine sehr geringe Zahl). Dann existieren im Blick der Nachfrager 300 Ausbildungsplätze. In Wahrheit sind es aber nur 100.

Und dies kann einer der Gründe sein, warum so viele Ausbildungsplätze zur Verfügung stehen, aber die Bewerber nicht abgenommen werden. Diesen Effekt gibt es z.B. noch stärker im Arbeitsmarkt. Aus einem Stellenangebot eines Betriebes, der bei 10 Zeitarbeitsfirmen nachfragt, entstehen in Folge in der Öffentlichkeit (z.B. Stellenangebote in der Zeitung) 10 Arbeitsplätze. In Realität geht es aber nur um einen. Und bei den Onlinestellenbörsen die über Personaldienstleister bedient werden… jeder kann es sich ausmalen. Ich glaube, diese Umstände haben großen Anteil an dem verzerrten Bild.

©2013 Achim Gilfert. Dieser Beitrag ist zur Weiterverbreitung nach den in diesem Blog veröffentlichten Regeln zum Urheberrecht veröffentlicht. Diese Regeln finden Sie hier: Urheberrechtshinweise.

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