Kommentar zum Beitrag in Spiegel Online – „Mit Hauptschulabschluss nimmt dich keiner“

Kommentar zum Beitrag in Spiegel Online – „Mit Hauptschulabschluss nimmt dich keiner“<br><img class="text-align: justify" src="https://bildungswissenschaftler.de/wp-content/uploads/2013/07/praxis_120.png"/><img class="text-align: justify" src="https://bildungswissenschaftler.de/wp-content/uploads/2014/08/meinung_120.png"/><img class="text-align: justify" src="https://bildungswissenschaftler.de/wp-content/uploads/2013/07/theorie_120.png"/><img class="text-align: justify" src="https://bildungswissenschaftler.de/wp-content/uploads/2013/07/verweis_120.png"/>

Am 29.1.2017 entdecke ich einen Beitrag in Spiegel Online, der beispielhaft den Kreislauf rund um die Diskussion über die Zugänge zu dualer Berufsausbildung deutlich macht. Neben einer reißerischen Überschrift wirbt der Beitrag indirekt für Unterstützungsmaßnahmen zur Aufnahme einer Ausbildung. Daher stelle ich den Beitrag hier vor. Hier der Link zum Beitrag von Spiegel Online.

Kommentar: – Kern des Beitrags ist die Klage über den Facharbeitermangel und dass Unverständnis darüber, dass trotzdem so viele Ausbildungsplätze unbesetzt bleiben. „Trotzdem hält sich die Zahl der erfolglosen Anwärter auf eine Lehrstelle seit Jahren auf ähnlichem Niveau. Von den 80.000 Jugendlichen, die 2016 nur Absagen bekommen haben, entschieden sich 60.000 für eine Alternative und gingen zum Beispiel weiter zur Schule. Etwa 20.000 standen ohne alles da.“ schreibt die Autorin Kristin Kruthaup in dem Artikel. Sie erwähnt auch die Dunkelziffer, da alle Angaben nur auf freiwilligen Meldungen der Betriebe oder der Jugendlichen basieren. Eine qualitative Bewertung erfolgt nicht (zum Beispiel – War die Schule die Alternative oder versuchte die Schule die Ausbildung als Alternative darzustellen? -die Studien und Befragungen aus dem Übergangsgeschehen lassen darauf schließen, da die meisten studieren möchten).

In dem Beitrag werden zwei Jugendliche interviewt, die auf Ausbildungsplatzsuche sind/waren und keinen erhalten haben. „Es steht zwar überall, dass man sich auch mit einem Hauptschulabschluss bewerben kann. Doch das ist Schwachsinn“ – sagt einer der beiden, Eric S. der 26 Jahre alt ist. Weiter unten wird beschrieben, dass er über ein Programm (Startklar für Ausbildung /getragen durch das Land Berlin und die Sozialkasse Bau) jedoch einen Ausbildungsplatz erhalten hat. Es wird leider nicht erläutert, warum der junge Mann in der Zeit zwischen 17 und 26 noch keine Ausbildung aufgenommen hat. Gründe dafür sind vielfältig und individuell.

Der andere junge Mann, Eric M. ist 18 Jahre alt und befindet sich im zweiten Ausbildungsjahr als Elektrotechniker. Der Betrieb hatte sich für eine Assistierte Ausbildung entschieden. Hier stehen dem Auszubildenden Unterstützungen im fachlichen wie im sozialen Bereich zur Verfügung. Eric M. tut sich schwer mit dem Stoff für die Berufsschule. Praktisch läuft es – ein Klassiker. Über Nachhilfe Unterricht (in NRW Ausbildungsbegleitende Hilfen) und mit dem „Paukeinsatz“ vom Chef, versucht man ihn nun „über die Zwischenprüfung zu hieven“.

Als Fazit möchte ich sagen, dass die beiden Hauptschüler eine Ausbildung absolvieren – im Gegensatz zur Überschrift. Die Interviews sind überhaupt nicht zu verallgemeinern oder auf die Gesamtheit zu übertragen. Und das Ziel der Kompetenzerlangung – der Ausbildung einer ganzheitlichen Handlungskompetenz – eine der Eigenschaften einer dualen Berufsausbildung – weicht immer mehr. Das Ziel, irgendwie Prüfungen zu bestehen steht weit stärker im Fokus. „Eine Ausbildung ist teuer – die muss irgendwie abgeschlossen werden“ – oder auch – „Es braucht den Schein“ hört man immer wieder. Dieses Ziel steht im Widerspruch zur dualen Berufsausbildung. Lösungen werden aber angeboten. Unterstützung ist kostenfrei vorhanden – da wo sie benötigt wird. Das muss nur bekannter werden. Statt  dessen unterstützt der Beitrag im Spiegel die Abwertung der Hauptschüler durch die Gesellschaft und auch durch sich selbst. Die Jugendlichen werten sich selbst ab. Das ist schlimm und völlig ungerechtfertigt!

Viele Beiträge in diesem Blog beschäftigen sich auch mit diesem Thema. Die konsequente Kompetenzorientierung kann erfolgreicher für alle Seiten sein, auch wenn es kein Zertifikat gibt. Will man an diesem festhalten, so kann man zusätzlich die Kompetenzen formalisieren und anerkennen lassen (Komplizierter geht es kaum – aber so ist das deutsche Regelwerk dazu). Und es ist ein Weg, dass mehr junge Menschen auch eine „Ausbildung“ erhalten können.

©2017 Achim Gilfert. Dieser Beitrag ist zur Weiterverbreitung nach den in diesem Blog veröffentlichten Regeln zum Urheberrecht veröffentlicht. Diese Regeln finden Sie hier: Urheberrechtshinweise.

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