Risikoschüler! Systemunpassend – und wenn sie die letzten wären…

Risikoschüler! Systemunpassend – und wenn sie die letzten wären…<br><img class="text-align: justify" src="https://bildungswissenschaftler.de/wp-content/uploads/2013/07/theorie_120.png"/><img class="text-align: justify" src="https://bildungswissenschaftler.de/wp-content/uploads/2013/07/praxis_120.png"/>

Ja, es gibt sie alle. „Die Bagaluten, die Nichtskönner, die nicht mehr rechnen können, nicht mehr rückwärts laufen können oder schlicht zu fett sind. Die Jugendlichen wollen alle nicht mehr. Die haben keinen Bock“ und so weiter und so fort tönt es allenthalben. In der Schule beginnt die Kategorisierung für die „weitere Verwendung“ bereits früh. Allerdings mangelt es an Begriffen für die Guten Schüler. Bereits die Bezeichnung „normaler Schüler“ ist schon gefühlt eine zweite Wahl. Aber es gibt schlechte Schüler und auch Schulversager (Systemunpassend wäre eher der passendere Begriff).  Jedenfalls sind diese „Benachteiligt“ und sogar „Risikoschüler“.

Diese sollen bereits ab Klasse 7 ausfindig gemacht werden um ihnen „Lotsen“ an die Hand zu geben. Die Schule ist gehalten, Kinder bereits in einem Alter von 12 oder 13 Jahren so zu begutachten, ob möglicherweise einige auf dem Weg zum Risikoschüler sind. Was ist ein Risikoschüler?

Das PISA Konsortium nutzt den Begriff. Das sind die Schüler, die maximal die Kompetenzstufe 1 erreichen („arithmetisches und geometrisches Wissen auf Grundschulniveau“ vgl. PISA-Konsortium Deutschland 2008). Der Schul Spiegel schreibt im November 2009, das Risikoschüler den Staat Billionen Euro kosten. Der Spiegel definiert den Risikoschüler platter: „Im Alter von 15 Jahren können sie noch nicht richtig rechnen und schreiben“. Es ist darin die Rede, diese so eingestuften Schüler auf ein „ordentliches Niveau“ zu heben, damit das Geld nicht verloren geht.

Und 2010 erschien das Buch: „Wie aus Kindern Risikoschüler werden: Fallstudien zu den Ursachen von Bildungsarmut“ mit dem Hinweis, „Die Hauptschule als schwächste Schulform trägt die Folgen der Krise in der Einwanderungsgesellschaft. Sie gehört endlich abgeschafft, weil sie wie die Fallstudien belegen inzwischen allen schadet […]“. Der Begriff wird aktuell zwar weniger eingesetzt, ist aber immer noch gebräuchlich. Offenbar sogar ambivalent: Risiko für andere, für sich selbst und für die Gesellschaft als Ganzes.

Die Fakten und Zahlen, wie auch diese Definitionen, mögen unserem Bildungssystem geschuldet und in der einen oder anderen Art richtig sein. Allerdings finden sich so gut wie keine Bezüge zu den Betroffenen (Jugendlichen). Die Kausalitäten und Spannungen zwischen der Systemnorm und der individuellen Entwicklung der Menschen wird sehr selten aufgezeigt. So finden entwicklungspsychologische Aspekte leider kaum Berücksichtigung. Dabei können verträgliche Lösungen nur gemeinsame Ansätze haben. Wie auch immer wir die Probleme angehen, so sollten wir uns bewusst sein, dass die Strukturen geändert werden können, die Kinder aber erstmal die gleichen bleiben. Gesellschaftliche Änderung geht deutlich langsamer von Statten als strukturelle Änderungen von Rahmenbedingungen, die eben zu der gesellschaftlichen Veränderung führen soll. Wir müssen aufpassen, dass wir nicht Gruppen von Kindern mehrerer Generationen verlieren – sofern wir das nicht schon haben.

©2015 Achim Gilfert. Dieser Beitrag ist zur Weiterverbreitung nach den in diesem Blog veröffentlichten Regeln zum Urheberrecht veröffentlicht. Diese Regeln finden Sie hier: Urheberrechtshinweise. Bildnachweis „Roboter Asimo“ by MIKI Yoshihito. Lizenzhinweis für die Bilder: http://creativecommons.org/licenses/by/2.0/de/deed.de

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