Klärung: Industriemeister und das neue Berufsbildungsgesetz – Es gibt keine automatische Anerkennung – Wie lassen sich die Bildungsangebote jetzt bewerten?

Klärung: Industriemeister und das neue Berufsbildungsgesetz – Es gibt keine automatische Anerkennung – Wie lassen sich die Bildungsangebote jetzt bewerten?<br><img class="text-align: justify" src="https://bildungswissenschaftler.de/wp-content/uploads/2013/07/praxis_120.png"/><img class="text-align: justify" src="https://bildungswissenschaftler.de/wp-content/uploads/2013/07/theorie_120.png"/>

Seit dem 1.1.2020 ist das neue Berufsbildungsgesetz in Kraft. Am meisten unklar ist offenbar die Lage der „zukünftigen“ Industriemeister*innen. Ich werde hier häufig um Aufklärung gebeten. Allein das finde ich sehr befremdlich, denn wir haben bundesweit Industrie- und Handelskammern, die hier Bescheid wissen müssten. Schließlich werden diese durch verpflichtende Beiträge der Gewerbeunternehmen in Deutschland bezahlt und beraten eben jene auch in diesen Themen.

Nach dem neuen Gesetz gibt es diesen Abschluss nicht mehr. Ebenso führt (zwanghaft) die Fortbildungsverordnung für die  Industriemeister Prüfungen NICHT zu dem Abschluss Bachelor Professional – für den es einen Titelschutz gibt. Im Weiteren sind Lehrgänge zum Industriemeister sogenannte Vorbereitungskurse zu einer Prüfung. Eine Zulassungszusage zur Prüfung ist nicht zwanghaft notwendig.

Ich möchte es deutlich benennen. Es gibt noch Kammern (ich weiß nicht wie viele) – oftmals welche mit eigenen Bildungszentren – die sogar noch auf Ihren Webseiten beschreiben, dass nur eine Umbenennung des Fortbildungsabschlusses erfolgt ist. Das ist schlichtweg falsch. Andere Anbieter werben offensiv mit Industriemeister Vorbereitungskursen, ohne irgendeine Garantie abzugeben, dass der anerkannte Abschluss „Bachelor Professional“ erreicht wird. In der IHK Düsseldorf geht man zumindest auf eine Änderung der Überarbeitung des DIHK Rahmenplanes ein, jedoch fehlt auch hier die Abschlussbezeichnung Bachelor Professional, auf die richtigerweise hier noch nicht hingewiesen wird.

Es wird vernachlässigt, dass jemand mehrere Tausend Euro ausgibt und am Ende eben kein bundesweit anerkannter Berufsabschluss erworben wird, sondern ein Lehrgang mit IHK Zertifikat. Man argumentiert, dass immer die jeweilige Prüfungsordnung gilt, die bei Anmeldung zur Prüfung gültig ist und in einem Jahr „viel passieren“ kann. Erwartet wird eine Veränderung Mitte 2021 – ohne jedwede Garantie.

Nach Blick auf die Seiten der IHK NRW wurde ich auf die FAQ der Kammer und den folgenden deutlichen Hinweis aufmerksam. Und siehe da: Hier steht es genau richtig. Zitat:

„Frage: Kann ich mir ein neues Zeugnis mit der Bezeichnung “Bachelor Professional” oder “Master Professional” ausstellen lassen?

Relevanter Antwortteil:

Um die Bezeichnungen auch im Prüfungszeugnis aufführen zu können, muss jeder bestehende Fortbildungsabschluss separat geprüft und die Rechtsverordnung geändert werden. Das erfolgt durch die Wirtschafts- und Sozialpartner (zum Beispiel Verbände und Gewerkschaften) gemeinsam mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Erst nach der Änderung der Rechtsverordnungen darf die IHK auch entsprechende Zeugnisse erstellen.

Und weiter:

„Das überarbeitete Berufsbildungsgesetz sieht keine rückwirkende Neuausstellung alter Zeugnisse beziehungsweise keine nachträgliche Ergänzung der erworbenen Abschlussbezeichnungen vor. Erworbene Zeugnisse, die vor Inkrafttreten des neuen BBiG ausgestellt worden, bleiben unverändert. Bitte wenden Sie bei Anfragen zu den neuen Bezeichnungen direkt an die entsprechenden Verbände, Gewerkschaften sowie das BMBF.“

Quelle Stand 17.7.2020: IHK NRW FAQ

Das bedeutet, dass jeder oder jede, die jetzt eine Weiterbildung zum Industriemeister beginnt, keine Garantie haben wird, 1. zur Prüfung eines Bachelor Professional zugelassen zu werden (da andere Zulassungsverordnung) sowie 2. einen in Deutschland anerkannten Berufsabschluss „Bachelor Professional“ zu erwerben. Und sehr amüsant, einfach mal beim Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) nachzufragen. Probieren Sie das einmal :-). „Man muss halt abwarten“. Und das ist keine Frage von Corona, denn die BBiG Novelle lag bereits Ende 2017 allen Bänken vor.

Als Bildungsberater möchte ich daher dringend empfehlen. Wenn Sie sich also in diesem Sinne weiterbilden möchten, fragen Sie die Anbieter konkret nach den Bedingungen. Wenn Sie falsche Beratungen von den Anbietern erhalten, die am Ende nicht zu einem anerkannten Berufsabschluss führen, dann dürfen Sie bestimmt überlegen, Beratungsfehler geltend machen. Ich persönlich halte alle Angebote, die nicht auf diesen Umstand hinweisen – und im Gegenteil – sogar noch anführen, dass hier nur etwas „umbenannt“ wird, für unlauter. Von solchen Rechtsfragen habe ich keine Ahnung, daher fragen Sie betreffend „Irreführung“ bitte einen Juristen. Gleichzeitig möchte ich ebenso alle diejenigen, die in der Bildungsberatung unterwegs sind, auf die Umstände zu achten und auf die unklare Lage in diesem speziellen Punkt hinzuweisen.

Der Beitrag wird bei relevanten Veränderungen umgehend aktualisiert. Wer der Meinung ist, in dem Beitrag Fehler zu erkennen, darf die in einem Kommentar bitte erläutern.

Dieser Beitrag stellt KEINE Rechtsberatung dar. Fragen Sie bitte immer bei den zuständigen Stellen nach (Kammern). 😉

©2020 Achim Gilfert. Dieser Beitrag ist zur Weiterverbreitung nach den in diesem Blog veröffentlichten Regeln zum Urheberrecht veröffentlicht. Diese Regeln finden Sie hier: Urheberrechtshinweise.

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